Raymond Gureme
Holocaustüberlebender, Mitglied der französischen Résistance, Menschenrechtsaktivist
Der französische Holocaust-Überlebende Raymond Gurême ist am Sonntag, 24. Mai 2020, im Alter von 94 Jahren verstorben.
Mehrmals begleitete Raymond Gurême im Rahmen der Jugend-Gedenkinitiative "Dikh he na Bister" anlässlich des Europäischen Holocaust-Gedenktages der Sinti und Roma junge Sinti und Roma nach Krakau und Auschwitz.
In seiner Rede bei der Gedenkveranstaltung in Auschwitz-Birkenau am 2. August 2016 rief er, wie so oft, besonders junge Menschen zum gemeinsamen Kampf gegen Antiziganismus und Gewalt auf:
"Mein Augenzeugenbericht ist für junge Leute. Überlasst eure Zukunft nicht den Händen von blutigen Narren! Ihr müsst Widerstand leisten. Ihr müsst Widerstand leisten gegen die Diskriminierung, den Rassismus, die gewaltsamen Vertreibungen, denen die Roma und Reisenden in ganz Europa zum Opfer fallen. Wir, die Alten, haben die Flamme entzündet. Jetzt ist es an den jungen Menschen, sie zu nähren, sie wachsen zu lassen, damit wir stärker werden. Junge Leute, steht auf! Bleibt stehen, und fallt nicht auf die Knie!"
Raymond Gurême wurde 1925 in eine französische Manouches-Familie geboren. Seit seinem zweiten Lebensjahr trat Raymond als Akrobat oder Clown im familieneigenen Wanderzirkus auf. Im Oktober 1940 wurde die gesamte Familie von französischen Gendarmen verhaftet, als die deutsche Besatzungsmacht die Zwangsumsiedlung aller Manouches anordnete. Einen Monat später wurden die Gurêmes in das Internierungslager Linas-Montlhéry geschickt. Obwohl Raymond im Sommer 1941 die Flucht gelang, wurde der Rest seiner Familie nach Muslane und Montreuil-Bellay deportiert, einem der größten Konzentrationslager für sogenannte Nichtsesshafte in Frankreich. Er arbeitete auf Bauernhöfen und kehrte immer wieder nach Linas und später nach Montreuil-Bellay zurück, um Lebensmittel in die Lager zu schmuggeln. Im August 1943 wurde er erneut verhaftet und in ein Arbeitslager in Heddernheim, Hessen, deportiert, wo er nach Bombenangriffen Leichen bergen musste. Bei einer Gelegenheit wurde er von einem Nazi brutal zusammengeschlagen und verlor das Augenlicht auf einem Auge. Schließlich entkam Raymond erneut mit Hilfe eines französischen Bahnarbeiters, der ihn in einem Zug versteckte und zurück nach Frankreich fuhr. Erst 1950 gelang es ihm, wieder mit seiner Familie zusammenzukommen. Nach dem Krieg erhielten sie weder finanzielle noch moralische Unterstützung. Angesichts des zunehmenden Antiziganismus und Rassismus in Frankreich und ganz Europa engagierte sich Raymond Gurême vor allem in den letzten zehn Jahren in der Holocaust-Gedenkarbeit mit Jugendlichen sowie in der Bürgerrechtsarbeit. Seine Geschichte wurde in dem Werk "Interdit aux nomades" (Nomaden im Bann) von Isabelle Ligner veröffentlicht.
Das Video Testimony wurde im Mai 2017 im Haus von Raymond Gurême aufgenommen Das Video ist Teil der Online-Bildungsplattform tajsa.eu.
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