2. August 2021
Anna-Nicole Heinrich
Video-Ansprache zum Europäischen Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma am 2. August 2021
Sehr geehrter Herr Vorsitzender Romani Rose, sehr geehrte Damen und Herren,
heute ist der Europäische Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma. Er erinnert an das unfassbare Leid und an die unmenschliche Grausamkeit, die Sinti und Roma angetan wurden. Zehntausende von ihnen wurden in den Gaskammern von Auschwitz-Birkenau ermordet, unzählige wurden Opfer des Holocaust im NS-besetzten Europa.
Heute ist ein Tag der Klage. Er trägt die Schreie, das Weinen, die Verzweiflung der Menschen über das erlittene Unrecht bis zum Völkermord zu uns, in unsere Zeit herüber.
Wir trauern mit Ihnen um die ermordeten Frauen und Männer, Kinder und alten Menschen. Wir beklagen die Ungeheuerlichkeit, mit der Menschenleben planmäßig vernichtet wurden. Und trauern um alles, was Menschen angetan wurde, weil sie als anders und fremd markiert, ausgegrenzt und verfolgt wurden.
Wir nehmen Anteil an den Wunden, die Ihre Töchter und Söhne, Enkel und Enkelinnen bis heute in sich tragen. Und wir, als Evangelische Kirche in Deutschland, möchten der heutigen Gemeinschaft von Sinti und Roma danken: Weil Sie uns die Augen dafür geöffnet haben, wie schwer es ist, einer Minderheit anzugehören, der viele bis heute mit massiven Vorurteilen begegnen.
Deshalb verbindet sich mit diesem Tag der Klage auch eine große Verpflichtung für die Gegenwart und Zukunft.
Denn Antiziganismus ist bis heute ein großes gesamtgesellschaftliches Problem in Deutschland. Zu diesem erschütternden Ergebnis kommt der Bericht der Unabhängigen Kommission Antiziganismus, der vom Deutschen Bundestag in Auftrag gegeben und Anfang Juni vorgestellt wurde.
Wir versichern Ihnen, wie wir das auch im vergangenen Jahr bei dem gemeinsamen Besuch in Auschwitz getan haben: Als Evangelische Kirche in Deutschland werden wir uns angesichts des zunehmenden Rassismus und Nationalismus gemeinsam mit Ihnen für unseren demokratischen Rechtsstaat einsetzen – gegen Antiziganismus, Antisemitismus und alle Formen des Rassismus. Dazu gehört auch die Aufklärungsarbeit: Aufklärung über die Geschichte der Sinti und Roma und über ihre Anerkennung als nationale Minderheit. Und es gehört dazu, Bewusstsein dafür zu schaffen, was die Ursachen und Auswirkungen von Antiziganismus sind.
Dabei schauen wir auch auf uns selbst. Wir wollen aktiv dafür arbeiten, dass Sinti und Roma in unseren Kirchen und in unserer Gesellschaft gleichberechtigt teilhaben können – und mehr noch: Dass das auch wahrnehmbar und sichtbar wird. Es gilt, jedem antiziganistischen Vorurteil konkret zu begegnen. Das ist für uns alle eine wichtige Lerngeschichte.
Deshalb fördern wir die wichtige Arbeit des Netzwerkes „Sinti und Roma und Kirchen“, insbesondere in den Bereichen Bildung, Medien und Erinnerungsarbeit. Auch das ist uns eine Verpflichtung, vor allem aber, das möchten wir Ihnen ausdrücklich sagen, erleben wir diese Zusammenarbeit als ein großes Geschenk. Dafür danken wir Ihnen aus tiefstem Herzen.
Stellungnahmen 2021
Romani Rose
Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma
Katarina Barley
Vice President of the European Parliament
Helena Dalli
EU-Kommissarin für Gleichstellung
Claudia Roth
Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages
Paul Blokhuis
Dutch State Secretary Paul Blokhuis
Chris J. Lazaris
Amb. Chris J. Lazaris, IHRA Chairman
Fernand des Varennes
UN-Sonderbeobachter für Minderheitenfragen
Anna-Nicole Heinrich
President of the Synod of the Evangelical Church in Germany (EKD)
Justin Trudeau
Prime Minister of Canada
Roman Kwiatkowski
Vorsitzender der Gesellschaft der Roma in Polen
Erich Schneeberger
stellv. Vorsitzender des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma und Vorsitzender des Verbands Deutscher Sinti und Roma – Landesverband Bayern
Timea Junghaus
Executive Director
European Roma Institute for Arts and Culture (ERIAC)
Adam Strauß
Vorsitzender des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma Hessen
Manon Aubry
Manon Aubry, MEP
Adrian-Nicolae Furtuna
Historian at the University of Bucharest
Philomena Franz
Holocaust-Überlebende
Angelina Kappler
German former Weinkönigin
Marian Kalwary
Chairman of the Association of Jews,
Survivors and Victims of the Second World War
Piotr Gliński
First Deputy Prime Minister and the Minister of Culture and National Heritage of Poland
Izabela Tiberiade
Young Activist from Sweden
Ursula Krechel
Schriftstellerin
Marija Pejčinović Burić
Generalsekretärin des Europarates
Klaus Iohannis
Präsident Rumäniens