2. August 2021
Dr Annette Schavan
Vorsitzende des Kuratoriums der Stiftung EVZ
Statement anlässlich des Europäischen Holocaust-Gedenktages für Sinti und Roma 2020
Welche Bedeutung hat das Gedenken an den Holocaust an den Sinti und Roma für Sie?
Die Stiftung EVZ erinnert an die Zeit der Barbarei des Nationalsozialismus. Wir tragen Verantwortung für die Opfer und dafür, dass die Erinnerungskultur über die Zeit der Zeitzeug*innen hinaus fest in der Erinnerung der deutschen Geschichte verankert bleibt. Wir sind davon überzeugt, dass die Zukunft Seismografen braucht, um die wiederkehrenden Gefahren von Hass, Ausgrenzung und Gewalt früh zu spüren und ihnen entgegen zu treten. Am europäischen Holocaust Gedenktag für Sinti*zze und Rom*nja verneige ich mich vor den über 500.000 Opfern die in der Nazizeit verfolgt und ermordet wurden - Frauen, Männer, Kinder. Dieser Tag erinnert uns auch daran, dass die Auseinandersetzung mit dem Antiziganismus in den meisten europäischen Gesellschaften erst in den Anfängen steckt. Zugleich steigen vor allem in dieser Zeit der Pandemie in zahlreichen Ländern wieder Stigmatisierung, Hass und Ausgrenzung. Wir müssen wachsam sein. Wir setzen uns in der Stiftung für eine Bildung und Erziehung ein, die den Menschen ernst nimmt, weil er ein Mensch ist ohne jeden Vorbehalt. „Jugend erinnert“, gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt, „Europeans for Peace“ und „meet up“ sind Beispiele für Förderprogramme, mit denen wir uns an die junge Generation wenden, um Wissen zu den NS-Verbrechen zu mehren und Sensibilität für Gefährdungen zu stärken. Gefährdungen, die entstehen, wo neue Vorbehalte aufkommen. Wir fördern lokale Projekte der Erinnerung von Roma-Organisationen in ganz Europa. Wir unterstützen Überlebende des Genozids in Mittel-, Ost- und Südosteuropa. Die Stiftung erreichte 2019 rund 2.000 Überlebende.
Warum ist die politische Anerkennung des Holocausts und des Gedenktages heute wichtig?
Ein Prüfstein für die Anerkennung des Leides ist der heutige Umgang mit dem Denkmal für die in der Zeit des Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma. Die Stiftung EVZ will schließlich Sinti und Roma so stärken, dass sie ihre Rechte heute wahrnehmen können. Es werden Projekte gefördert, die von Angehörigen der Minderheit selbst durchgeführt werden oder sich prioritär an sie wenden. Projekte die schließlich zu neuen Bündnissen führen. Sinti und Roma können uns helfen wirksame Bündnisse zu schließen, die sich gegen Verfolgung von Minderheiten bis in unsere Tage hinein wenden und die ganz besonders neue Vorbehalte schnüren - das ist die vielleicht größte Gefahr in unserem europäischen Gesellschaften. Vorbehalte gegenüber den anderen, Vorbehalte gegenüber dem Fremden - und konterkarieren was gemeint ist, wenn von der Achtung des Menschen die Rede ist.
Was ist Ihre Botschaft für diesen 2. August 2020, den Europäischen Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma?
Das ist die Botschaft des heutigen Tages. Auch sich immer wieder gegen neu aufkommende Vorbehalte einsetzen, gegen die Skepsis gegenüber Minderheiten. Zur Botschaft des Tages gehört auch, dass Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr übernommen hat und politische Maßnahmen zur Förderung der Kultur und der gesellschaftlichen Teilhabe der Sinti und Roma in den Vordergrund rücken werden. Die Stiftung EVZ wird auch in Zukunft eine Stimme der Erinnerung, Verantwortung und Zukunft sein. Eine Stimme, die vor dem Vergessen der Barbarei warnt und für die Achtung eines jeden Menschen ohne allen Vorbehalt wirken wird.
Stellungnahmen
Romani Rose
Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma
Katarina Barley
Vice President of the European Parliament
Helena Dalli
EU-Kommissarin für Gleichstellung
Mehmet Daimagüler
Dr. Mehmet Daimagüler, Antigypsyism Commissioner of the Federal Government
Roberta Metsola
Roberta Metsola, President of the European Parliament
Claudia Roth
Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages
Paul Blokhuis
Dutch State Secretary Paul Blokhuis
Chris J. Lazaris
Amb. Chris J. Lazaris, IHRA Chairman
Fernand des Varennes
UN-Sonderbeobachter für Minderheitenfragen
Anna-Nicole Heinrich
President of the Synod of the Evangelical Church in Germany (EKD)
Justin Trudeau
Prime Minister of Canada
Roman Kwiatkowski
Vorsitzender der Gesellschaft der Roma in Polen
Erich Schneeberger
stellv. Vorsitzender des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma und Vorsitzender des Verbands Deutscher Sinti und Roma – Landesverband Bayern
Timea Junghaus
Executive Director
European Roma Institute for Arts and Culture (ERIAC)
Adam Strauß
Vorsitzender des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma Hessen
Manon Aubry
Manon Aubry, MEP
Adrian-Nicolae Furtuna
Historian at the University of Bucharest
Philomena Franz
Holocaust-Überlebende
Angelina Kappler
German former Weinkönigin
Marian Kalwary
Chairman of the Association of Jews,
Survivors and Victims of the Second World War