2 August 2023

Piotr Cywinski

Direktor des Staatlichen Museums und der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau

Rede anlässlich des Holocaust-Gedenktages der Sinti und Roma am 2. August 2024

Erinnerung ist das Fundament der Identität. Aber die Erinnerung geht weit über die Identität hinaus. Wenn wir uns nur an uns selbst und an unsere Nächsten erinnerten, würde diese Ichbezogenheit unsere Fähigkeit zum Vergleichen, Bezugnehmen und Urteilen sowie unsere moralische und ethische Wertung der gesamten Vergangenheit zerstören. Das Fundament wäre beeinträchtigt, und unsere Identität wäre bis in die Grundfesten erschüttert.

Wieviel Prozent der Befragten diverser Um- fragen müssten sich wünschen, Sinti und Roma als Nachbarn haben zu wollen, damit wir die Situation für gut erachten? Eine irritierende Fra- ge ... Zum einen möchte man sagen, das wahre Gute beginnt, wenn man einen neutralen Wert erreicht, und zum anderen wären wir in vielen europäischen Ländern zufrieden, wenn man um nur einen Bruchteil den Hass reduzieren könnte.

Hass oder ethnisch motivierte Abneigung gegenüber Anderen ist immer eine Perversion. Diese lässt sich immer und vor allen Dingen auf Komplexe und auf den mangelnden Glauben in die eigene Identität zurückführen.

Der Jahrestag der Auflösung des „Zigeuner- lagers“ in Birkenau ist ein Moment der Stille zum Gedenken an die Tragödie der Opfer. Er ist aber auch eine moralische Verpflichtung für uns in der Gegenwart. Denn die Menschen in unserem Europa, sind vor dem Gesetz immer noch nicht gleich, dazu könnte man eine Viel- zahl trauriger Beispiele anführen. Den heute diskriminierten Menschen sind wir es schuldig, über unser Verhalten nachzudenken. Ebenso wie wir es den Opfern von vor 80 Jahren schuldig sind.

Stellungnahmen 2024

Piotr Cywinski

Direktor des Staatlichen Museums und der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau

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