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2 August 2024

Roman Kwiatkowski

Verband der Roma in Polen

Rede anlässlich des Holocaust-Gedenktages der Sinti und Roma am 2. August 2024

Sehr geehrte Damen und Herren, 

heute stehen wir hier, um derer zu gedenken, die vor achtzig Jahren im Konzentrationslager Auschwitz-Biekenau zu Tode kamen. Dieser Tag, der 2. August, erinnert uns an die brutale Auflösung des so genannten "Zigeunerlagers" - des Roma-Lagers, in dem Tausende unserer Landsleute durch unbarmherzigen Hass ihr Leben verloren. 

 Wir befinden uns an einem Ort, der für immer von Leid, Schmerz und Tod gezeichnet ist. Wir gedenken derer, die hier ermordet wurden, aber auch derer, die überlebten und lebenslange Narben nicht nur auf ihren Körpern, sondern auch auf ihren Seelen trugen. 

Auschwitz-Birkenau ist das Symbol für das größte Verbrechen gegen die Menschheit, das die Nazis an 500 000 Roma und Sinti verübt haben.  

Die Auflösung des Roma-Lagers bedeutete allerdings nicht das Ende der Vernichtung, wir wurden weiter ermordet, um Platz für unsere jüdischen Brüder im Elend zu schaffen, die wie wir zur Vernichtung verurteilt waren.  

 Während des Zweiten Weltkriegs wurden Roma und Juden, vereint in einer tragischen Leidensgemeinschaft, Opfer desselben völkermörderischen Regimes, was das Band der Solidarität zwischen unseren Völkern stärkte. 

Der Holocaust an den Roma und Sinti ist immer noch zu wenig bekannt und wird zu selten im Zusammenhang mit der Geschichte des Zweiten Weltkriegs diskutiert. Es ist unsere gemeinsame Pflicht, dafür zu sorgen, dass diese Tragödie in Erinnerung bleibt und niemals vergessen wird.  

Wir müssen uns immer wieder ins Gedächtnis rufen, was hier geschehen ist, damit künftige Generationen aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und ähnliche Verbrechen in Zukunft nicht mehr erlauben.  

Wir erinnern uns auch daran, dass der Kampf um die Würde und die Rechte unseres Volkes nicht mit dem Ende des Krieges zu Ende ist. Unsere Gemeinschaft hat immer noch mit Diskriminierung, Ausgrenzung und Vorurteilen zu kämpfen. Uns wird immer noch das Recht verweigert, in den jeweiligen Ländern als vollwertige Bürger behandelt zu werden. 

Antiziganismus ist immer noch allgegenwärtig, auch wenn er sich nicht immer in verbalen und körperlichen Angriffen äußert.  

Das liegt daran, dass der Antiziganismus auf Stereotypen und Vorurteilen beruht und uns als minderwertige, weniger wertvolle Menschen behandeln lässt, denen so negative Eigenschaften zugeschrieben werden.  

Diese Haltung schließt jeden Dialog aus, drängt uns an den Rand des Lebens und führt dazu, dass die Roma nicht als Mitbürger, als Partner, sondern als eine Gemeinschaft behandelt werden, um die man sich besonders kümmern muss.  

 Wir wollen keine Sonderbehandlung, keine aufgezwungene Integration, keine speziellen Hilfsprogramme, mit Ausnahme derjenigen, die sich auf die Erhaltung der kulturellen Identität und auf den Schutz unserer Gemeinschaft vor Diskriminierung beziehen. 

Wir wollen nur, dass unsere Rechte und Pflichten respektiert werden. Wir betonen, dass wir seit Jahrhunderten vollwertige Mitglieder der Gesellschaft sind, die sich nur durch ihre Herkunft, ihre Kultur, ihre Bräuche und Traditionen unterscheiden.  

Obwohl die Europäische Union in den letzten Jahren ihre Bemühungen zur Bekämpfung des Antiziganismus verstärkt hat, sind diese Bemühungen immer noch unzureichend.  

Es ist noch ein weiter Weg, bis die Roma als Vollbürger, als gleichwertige Mitmenschen behandelt werden.  

Wir sind nicht nur Roma, sondern auch Bürger der einzelnen europäischen Länder. Besonders deutlich wird dies an unserer östlichen Grenze, wo seit mehr als zwei Jahren ein brutaler Krieg tobt.  

Viele junge Roma kämpfen Seite an Seite mit ihren ukrainischen Landsleuten, um ihre Heimat zu verteidigen. Sie zeigen Hingabe und opfern oft ihr Leben im Namen des Patriotismus und der Liebe zur Freiheit.  

Unsere Landsleute haben sich nicht geweigert zu kämpfen, weil sie vollwertige ukrainische Bürger sind, sie lieben ihr Heimatland und wissen, dass es ihre Pflicht ist, es zu verteidigen.  

Das Gleiche galt auch während des Zweiten Weltkriegs, als die Roma an allen Fronten kämpften und dabei oft große Opfer, Hingabe und Heldentum zeigten. 

Das einzige Mittel zur Bekämpfung des Antiziganismus ist Bildung.  

Um dieser Aufgabe gerecht zu werden und uns bei unseren Bemühungen zu unterstützen, und das möchte ich mit großer Freude verkünden, wurde das Zentrum für Geschichte und Kultur der Roma in Oświęcim gegründet, was durch einen Beschluss des Parlaments der Woiwodschaft Kleinpolen (Małopolska) vom 28. Dezember 2023 geschah, und bereits am 1. Februar 2024 seine Arbeit aufgenommen hat.   

Das Zentrum ist nicht nur ein Ort der Bildung und des Gedenkens, sondern auch eine Plattform für Dialog und Zusammenarbeit zur Erhaltung der kulturellen Identität der Roma.  

Die Gründung dieser einzigartigen, historischen Einrichtung wäre ohne das Engagement des Vorstands der Region Kleinpolen nicht möglich gewesen. Heute ist ein Mitglied des Vorstands, Vorsitzende des Regionalen Parlaments von Kleinpolen Iwona Gibas, bei uns, der ich von dieser Stelle aus danken möchte.  

"Es scheint immer unmöglich zu sein, bis es getan ist", sagte Nelson Mandela. Diese Worte erinnern uns daran, dass selbst die schwierigsten Ziele, wie der Kampf gegen die Antiziganismus, erreichbar sind, wenn wir uns nur zusammenschließen. 

Wir sind fester Überzeugung, dass wir durch Bildung und Kultur dem Antiziganismus entschlossen begegnen und Brücken zwischen den verschiedenen Gemeinschaften bauen können. 

Abschließend möchte ich betonen, dass unsere Erinnerung an die Vergangenheit und unser Kampf für die Zukunft untrennbar miteinander verbunden sind. Wir müssen uns an die Tragödie von vor 80 Jahren erinnern, um eine bessere Zukunft für uns alle aufzubauen.  

Nur durch Gedenken und Aufklärung können wir eine Welt schaffen, in der jeder Mensch, unabhängig von seiner Herkunft, mit Respekt und Würde behandelt wird. 

Ich danke Ihnen für Ihre Anwesenheit und Ihr Engagement für diese wichtige Sache. Gemeinsam können wir dafür sorgen, dass sich solche Tragödien nie wieder ereignen.  

Bitte gedenken Sie in einer Schweigeminute der Opfer. 

 Wir danken Ihnen. 

Stellungnahmen 2024

Piotr Cywinski

Direktor des Staatlichen Museums und der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau

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Veranstaltung unter der Schirmherrschaft des Europäischen Parlaments

Kofinanziert von der Europäischen Union und kofinanziert und durchgeführt vom Europarat

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